21.02.2020

Perspektive dank Job Caddie

Heinz Blaser ist als Mentor bei Job Caddie tätig und hat bereits zwei junge Erwachsene bei Antritt und Umsetzung ihrer beruflichen Zukunftspläne unterstützt. Im Interview gewährt er Einblick in die bisher gesammelten Erfahrungen als Mentor und die damit verbundenen Herausforderungen.

Heinz Blaser, wie hast du von Job Caddie erfahren?
An einer Veranstaltung wurde Job Caddie vorgestellt. Einige Jahre vorher hatte ich mit meiner Familie selbst erfahren, wie wenig Unterstützung für Jugendliche mit Problemen in der Lehre angeboten wird. Deshalb hat mich das Projekt auf Anhieb überzeugt und ich habe mich gleich als Mentor zur Verfügung gestellt.

Weshalb engagierst du dich freiwillig?
Mir gefällt der Umgang mit Menschen. Auch in meinem beruflichen Umfeld treffe ich nicht nur auf Sieger. Ich begegne immer wieder Menschen, die kämpfen müssen. Für mich war es ausserdem eine gute Gelegenheit, der Region Zug etwas zurückzugeben.

Wie ist dein beruflicher Werdegang?
Als Sekundarschüler wusste ich nicht genau, welchen Berufsweg ich einschlagen sollte. Ich war etwas bequem und konnte mir keine Bürotätigkeit vorstellen. Dennoch absolvierte ich eine kaufmännische Berufslehre in einer Spinnerei-Weberei. Es war keine einfache Zeit. Ich war plötzlich in einer komplett anderen Welt, in der mir viel abverlangt wurde. Teilweise gab es deswegen auch schwierige Gespräche mit meinem Ausbilder. Trotzdem schloss ich die Lehre erfolgreich ab. Zum Erlernen der französischen Sprache nahm ich anschliessend eine Stelle in der Buchhaltung eines Treuhandbüros in Biel an. Mittlerweile habe ich die Ausbildung zum diplomierten Immobilientreuhänder erfolgreich absolviert und arbeite seit mehr als 20 Jahren in diesem Bereich.

Wer sind die jungen Erwachsenen, die du begleitet hast?
Zwei junge Frauen, die eigentlich gar nicht meinem Bild von einem «Job Caddie Jugendlichen» beziehungsweise Mentee im Vorfeld entsprachen. Beide waren bereits über 20jährig. Eine wollte nach mehrjähriger Logistiktätigkeit ohne Berufsausbildung einen Lehrabschluss im kaufmännischen Bereich nachholen. Ich habe sie bei der Lehrstellensuche unterstützt und konnte dank Beziehungen für sie auch Vorstellungsgespräche einfädeln. Sie absolviert unterdessen bereits das 2. Lehrjahr und hat Freude an ihrem neuen Beruf. Die Rückmeldungen vom Lehrbetrieb sind sehr positiv.

Und wie erging es der anderen Frau?
Die zweite Frau schloss nach einer Attestlehre (EBA) noch den EFZ Abschluss im kaufmännischen Bereich ab. Danach war sie während einigen Monaten auf Auslandreise und fand nach der Rückkehr keine Festanstellung. Während dem Job Caddie Mentoring erhielt sie die Zusage für eine temporäre Anstellung.
Der Vertrag wurde zwischenzeitlich bereits verlängert. Auch sie fühlt sich sehr wohl im neuen Berufsumfeld.

In welchen Bereichen benötigen die Mentees vor allem Unterstützung?
Erst braucht es eine Art Persönlichkeitsarbeit. Oftmals fehlen Selbstvertrauen und positive Erfahrungen. Es stehen Fragen im Raum wie «Wer bin ich?» oder «Was kann ich?». Durch die Auseinandersetzung mit diesen Themen und Inputs vom Mentor erkennt der Mentee Schritt für Schritt, dass er gut ist und über viele Fähigkeiten verfügt. Für mich als Mentor bedeutet dies jedoch, dass ich erstmals den Zugang zum Mentee finden muss, um sein Vertrauen zu gewinnen. Erst dann kann ich mit meiner wirklichen Aufgabe starten und Unterstützung bieten.

Was ist dir wichtig bei der Begleitung eines Mentees?
Die Chemie zwischen Mentor und Mentee muss stimmen, nur dann kann eine Begleitung erfolgreich sein. Bereits das erste Treffen bringt Klarheit darüber, ob diese passt. Zuzuhören ist das A und O für mich. Daraus kann ich die richtigen Fragen ableiten und den Betroffenen Zeit zur Selbstreflexion lassen. Es ist wichtig, positive Aspekte zu sammeln, um das Selbstvertrauen der jungen Menschen aufzubauen. Ausserdem möchten sie ernst genommen werden und ich muss mir genügend Zeit für sie einplanen. Jeder Mensch ist anders und reagiert auf seine Art, das trifft auch auf die Mentees zu. Daher ist entscheidend, bei der Tätigkeit als Mentor die Persönlichkeit des Gegenübers zu berücksichtigen. Dennoch darf der Mentor zwischendurch ruhig etwas proaktiv sein und den Mentee zum eigenständigen Handeln auffordern.

Womit unterstützt dich das Projekt Job Caddie in deiner Tätigkeit als Mentor?
Es werden Supervisionen angeboten, die einen spannenden Austausch mit anderen Mentoren ermöglichen und ein gutes Übungsfeld für den Umgang mit Konflikten bieten. Zudem erhalte ich dort wichtige Inputs im Umgang mit jungen Menschen, die mir auch im Berufs- und Privatleben nützlich sind. Ausserdem werde ich bei Fragen auch jederzeit von der Job Caddie Projektleiterin unterstützt.

Welchen persönlichen Nutzen ziehst du aus deiner freiwilligen Tätigkeit als Mentor?
Der Weg der jungen Menschen bei Job Caddie verläuft selten ganz ohne Hürden. Das holt mich dann und wann wieder ein Stück auf den Boden zurück. Von den Erfahrungen als Mentor profitiere ich sowohl bei der Bewältigung von beruflichen wie auch privaten Herausforderungen. Wichtig ist meiner Meinung nach, dass ich als Mentor ohne Erwartungshaltung in ein solches Engagement einsteige. Die Freude über den erfolgreichen Abschluss eines Mentorats sehe ich als meinen Lohn – die Dankbarkeit eines Mentees setzt dem höchstens noch die Krone auf.